Ich glaube; hilf meinem Unglauben! (Markus 9, 24 – Jahreslosung für 2020)

Gegen Ende meines Zivildienstes hat mir dieser Satz viel bedeutet. Ich war in einer Einrichtung für Obdachlose. Wir haben uns an Alkoholtherapie und Resozialisierung versucht. Mehr als 90% unserer Klienten haben die sechs Monate bei uns zwar genossen, wurden danach aber  schnell rückfällig und landeten trotz Zimmer in der therapeutischen Wohngemeinschaft wieder auf der Straße.

Die ständige Spannung zwischen „helfen wollen“ und „Ohnmacht erleben“ lastete schwer auf den Mitarbeitern, die nicht wie ich nach einem Jahr wieder weg waren. Einige waren zynisch geworden. Fast alle lagen miteinander im Clinch und wussten genau, was der andere verkehrt macht.

Und mir kamen immer wieder diese Sätze aus der Bibel in den Sinn: „Alle Dinge sind möglich dem, der da glaubt“ (Mk 9,23) – und „Ich glaube; hilf meinem Unglauben!“ (Mk 9,24).

Beide gehören zusammen. Und beide haben mir geholfen. Der erste als Ermutigung: Und wenn es 99 Mal schief gegangen ist, kann es doch beim 100. Mal mit Gottes Hilfe gelingen. Und der zweite als Erinnerung: Ich kann und ich muss das Wunder nicht mit meiner Glaubensstärke herbeizwingen. Es bleibt ein unverfügbares Geschenk.

Viele von uns leben in der Spannung zwischen Hoffnung, bzw. Gottvertrauen und manchen herben Alltagserfahrungen. Sie lässt sich nicht immer auflösen, schon gar nicht immer schnell. Gegen Bitterkeit, gegen Resignation, gegen Schuldzuweisungen an andere hilft dieses Gebet: „Ich glaube, hilf meinem Unglauben!“

Ihr Matthias Stempfle


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